Psychische Krankheiten bei Jugendlichen

Foto: Iluha Zavaley, unsplash

Ein Beitrag von Zoé Binet, Antonia Braun, Samya Djellab, Emily Hagen, Zoë Köhne, Nova Petereit und Anna Spörl aus den Klassen 10a und 10b

Psychische Krankheiten – ein riesiges Themenfeld, über das man alltäglich hört. Doch solange man nicht selbst eine psychische Krankheit hat oder Personen kennt, die eine haben, ist es ein riesiges Feld, zu dem unglaublich viele Dinge dazu gehören.

In unserem Artikel haben wir versucht, uns darauf zu konzentrieren, wie es in Berlin mit psychischen Krankheiten aussieht. Wir schauen in den Alltag einer Berliner Klinik und betrachten, welchen Einfluss die Schule und die Pandemie auf die psychische Gesundheit haben/hatten, am Beispiel unserer Schule. Dafür haben wir ein Interview mit Dr. Sven Steffen-Holländer, Chefarzt an der Heiligenfeld Klinik Berlin, geführt und eine Umfrage an unserer Schule gemacht, auf die wir uns beziehen werden.

Zuerst definieren wir, was psychische Krankheiten sind, um das Thema besser verstehen zu können.

Generell sind psychische Erkrankungen Störungen der psychischen Gesundheit, die oft durch belastende Gedanken, Emotionen, Verhaltensweisen, das Umfeld und Beziehungen zu anderen Personen beeinflusst werden. Darunter können sowohl Betroffene selbst als auch ihr Umfeld leiden.

Durch eine psychische Störung entwickeln Betroffene Verhaltensmuster, die wichtige Funktionsbereiche beeinträchtigen, Leiden erzeugen sowie die Gesundheit und das Leben der jeweiligen Person gefährden können.

Häufige psychische Krankheiten im Jugendalter

Viele Erkrankungen fangen schon im Jugendalter an. Mögliche psychische Krankheiten sind z.B. Essstörungen wie Magersucht, Bulimie, Binge-Eating, Depressionen, Suizidgedanken (Suizid heißt Selbstmord) und Traumata (posttraumatische Belastungsstörungen). All diese sind „alltägliche“ psychische Krankheiten.

Foto: Steinar Engeland, unsplash
Foto: Steinar Engeland, unsplash

Um einen besseren Überblick zu bekommen, erklären wir euch im Folgenden ein paar dieser Krankheiten.

Traumata: Das Problem bei Traumata ist, dass das Gehirn nicht zwischen Vergangenheit und Gegenwart unterscheiden kann. In einer traumatisierenden Situation speichert das Gedächtnis die Geschehnisse stärker ab, dadurch erinnert man sich später an jedes Detail oder es entstehen Gedächtnislücken. Nach Dr. Sven Steffen-Holländer: Man kann sich das wie einen Kleiderschrank vorstellen: Alltagserfahrungen sind ein ordentlicher, gefalteter Kleiderschrankinhalt, der kontrolliert herausgeholt werden kann. Im Gegensatz zu Traumata: Wenn die Tür geöffnet wird, ist alles durcheinander, und man weiß nicht, ob einem jetzt alles entgegenfällt oder was einem entgegenfällt.

Die dissoziale Amnesie ist dabei eine Art Schutzmechanismus. Es ist ein Gedächtnisverlust, der durch Stress und Traumata entsteht. Betroffene haben Gedächtnislücken, die wenige Minuten bis zu ganzen Jahrzehnten umfassen können.

Magersucht: Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) definiert sie wie folgt: „Bei Magersucht kommt es zu einem starken Gewichtsverlust oder anhaltendem Untergewicht, wobei die Betroffenen häufig die Schwere ihres Zustandes aufgrund ihrer verzerrten Körperwahrnehmung nicht erkennen können.“

Bulimie: BZgA über Bulimie: „Betroffene haben bei dieser Essstörung anfallsweise unkontrolliertes Verlangen nach Essen. Anschließend führen sie häufig gewichtsreduzierende Maßnahmen durch.“

Der Einfluss der sozialen Medien

Viele Erkrankungen fangen im Jugendalter an. Auch da ist es sinnvoll, Therapien zu machen, oder man muss im schlimmsten Fall sogar in die Klinik gehen. Psychische Probleme bei Jugendlichen wurden in den letzten Jahren häufig durch soziale Medien verursacht. Denn dort werden nur die guten Seiten und perfekten Sachen im Leben der Influencer geteilt. Das setzt die Teenager unter Druck und lässt sie denken, dass ihr Leben schrecklich ist, weil sie es nicht so gut haben wie die Influencer. Es gibt einem das Gefühl, man ist nicht gut genug. In unserer Umfrage bei den Schüler*innen gaben 43% der Befragten an, dass soziale Medien ihre Selbstwahrnehmung beeinflussen.

Foto: Oscar Keys, unsplash
Foto: Oscar Keys, unsplash

Vom psychischen Problem bis zur psychischen Krankheit

Aber ab wann ist ein psychisches Problem eigentlich eine psychische Krankheit? Man muss dazu anmerken, dass der Übergang zwischen einem einmaligen Problem und einem dauerhaften Problem fließend ist. Es ist ein besorgniserregendes Problem, wenn man nicht mehr alleine damit klar kommt. Es wird dann vom Arzt als Erkrankung definiert.

Alltag in Heiligenfeld, einer Klinik für psychosomatische Behandlungen

Vor ein paar Wochen haben wir mit dem Psychotherapeuten Sven Steffen-Holländer in seiner Klinik in Berlin-Heiligenfeld ein Interview durchgeführt. Zunächst hat er uns unsere Fragen beantwortet, dann hat er uns eine Führung durch die Klinik gegeben. Die Heiligenfeld Klinik gehört zu einer Klinikgruppe mit mehreren Kliniken (darunter auch eine Familien-, Kinder-, Jugendlichen- und Elternklinik) und ist eine Klinik mit Schwerpunkt auf psychosomatische Behandlungen. Es werden vor allem psychosomatische Krankheiten wie Depression, Angststörungen, Burnout-Folgeerkrankungen, posttraumatische Belastungsstörungen und Essstörungen behandelt. Die Klinik ist für Erwachsene, dennoch sind Kliniken für Jugendliche ähnlich aufgebaut. Es gibt zurzeit Patienten von 18-70 Jahren, die meisten sind jedoch ca. 40 Jahre alt oder noch unter 35 Jahre alt (meistens Studierende). Häufig sind die Patienten alleinstehend oder in einer schwierigen Beziehung.

Foto: Sydney Sims, unsplash
Foto: Sydney Sims, unsplash

Die Klinik ist zur Hälfte stationär und zur Hälfte eine Tagesklinik. Wenn man stationär behandelt wird, bedeutet das, dass man dauerhaft in der Klinik wohnt; meistens für ca. 8 Wochen. In der Tagesklinik ist das anders, dort kommt man nur tagsüber und wohnt zu Hause. Die Therapie in der Tagesklinik dauert durchschnittlich 6 Wochen.

Es gibt in der Klinik ganz verschiedene Arten von Therapien, sowohl in einer Gruppe als auch einzeln. Das Netz an Kliniken für Kinder und Jugendliche ist in Berlin kaum ausgebaut. Wenn Kinder und Jugendliche in eine Klinik gehen, wird möglichst versucht, sie so weit wie möglich in einer Tagesklinik zu behandeln, weil sie so nicht völlig aus dem Alltag herauskommen.

Jeden Tag besuchen die Bewohnerinnen der psychosomatischen Klinik verschiedene Therapieformen. Sie haben einen individuellen Plan, ähnlich wie in der Schule unseren Stundenplan, in dem sie Schwerpunkte setzen können. Der Tag beginnt mit einem Frühstück, und danach gibt es folgende Therapien: Sport draußen oder drinnen, Meditation und Selbststeuerung. Es gibt auch künstlerische Tanz-, Kunst- und Rhythmustherapien in der Gruppe (mit Instrumenten). Dabei geht es darum, das „Innere“ nach außen darzustellen, sich darüber auszutauschen und zu reflektieren. Achtsamkeitsübungen, im Gegensatz dazu, auch Übungen zur Steigerung der Lebensenergie und zur Bewältigung von Aggressionen (ohne Gewalt) sowie Anleitungen zur Eingehung emotionaler Bindungen und zur eigenen Gedankenkontrolle. Nur stark gefährdete Patienteninnen werden zwangseingewiesen und erhalten Zwangsbehandlungen.

Psychische Gesundheit am John-Lennon

In einer im Juni 2023 durchgeführten Umfrage an unserer Schule wurden die Schülerinnen und Lehrerinnen zu dem Thema psychische Gesundheit befragt. Insgesamt haben 193 Schülerinnen und Schüler sowie 4 Lehrer und Lehrerinnen an der Umfrage teilgenommen. Die Ergebnisse dieser Umfrage bieten einen interessanten, jedoch auch leicht schockierenden Einblick in die Meinungen und Erfahrungen in unserer Schule.

Hier sind die wichtigsten Ergebnisse im Überblick. Bei der Frage, ob jemand schon einmal ein psychisches Problem hatte oder Erfahrungen aus seinem/ihrem Umkreis hatte, haben 62,7% der Befragten mit „Ja“ geantwortet.

Die Umfrage beinhaltete auch Fragen zur Rolle der Schule und ob sie zu ihren psychischen Problemen beiträgt. Für 40% der Befragten trägt der Leistungsdruck in der Schule zu ihren psychischen Problemen bei. Bei 19% der Befragten tragen die Lehrerinnen zu ihren psychischen Problemen bei. Bei 18% tun das ihre Mitschülerinnen.

Dazu kommen die Folgen der Corona-Pandemie, in der die Schule so lange geschlossen war. 20% der Befragten geben an, dass diese Zeit ihre psychischen Probleme verstärkt hat. Beinahe 10% geben sogar an, dass die Zeit der Pandemie die Ursache ihrer psychischen Probleme ist.

Wir haben außerdem auch noch eine Frage über die Erfahrung mit Drogen gestellt. 58,5% der Befragten hatten bis jetzt keine Erfahrung mit Drogen. 16,6% geben an, schon Erfahrung mit Drogen gemacht zu haben, jedoch nicht wegen psychischer Probleme. 6,7% der Teilnehmer*innen haben wegen eines psychischen Problems Drogen konsumiert. 4% wollten nichts zu dieser Frage äußern, und der Rest blieb unbeantwortet.

Die meisten befragten Schüler*innen, die unter psychischen Problemen leiden, holen sich zwar Hilfe – in erster Linie bei ihren Freunden und Eltern. Jedoch ist es traurig festzustellen, dass immer noch 20% von ihnen sich nicht ernst genommen fühlen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Ergebnisse dieser Umfrage die Erfahrungen mit psychischen Problemen – eigene oder die von Freunden – den heutigen Einfluss sozialer Medien auf Jugendliche, die Pandemie und den Leistungsdruck in unserer Schule widerspiegeln. Die Umfrage zeigt, dass erstaunlich viele Schülerinnen (indirekt oder direkt) Erfahrungen mit psychischen Krankheiten haben. Abschließend kann gesagt werden, dass es auch in der Schule viel Raum für Verbesserung gibt, damit sich alle wohl und sicher fühlen. Die Sozialpädagoginnen werden diese Ergebnisse sicherlich nutzen, um den Bedürfnissen der Schüler*innen gerecht zu werden und ein angenehmeres Schulumfeld und Miteinander zu schaffen.

Zoé Binet, Antonia Braun, Samya Djellab, Emily Hagen, Zoë Köhne, Nova Petereit und Anna Spörl – Kl. 10a+b

The Umbrella Girl von Banksy - Foto: GualdimG, Wikipedia
The Umbrella Girl von Banksy – Foto: GualdimG, Wikipedia