„Guter Unterricht ist das Ziel, Medien nur Mittel zum Zweck“

Podiumsdiskussion mit Saskia Esken

Weizenbaum-Institut lässt Fachleute am JLG über Digitalisierung und Bildung diskutieren

Am Mittwochabend, den 13.11.2019, fand am John-Lennon-Gymnasium ein Parlamentarischer Abend des Weizenbaum-Instituts statt. Unter dem Thema „Digitalisierung und Bildung. Zwischen Ohnmacht und Vision“ referierten Politiker, Forscher des Weizenbaum-Instituts und die kommissarische Schulleiterin des JLGs. Anschließend wurden im Rahmen einer kurzen Podiumsdiskussion mit SPD-Politikerin Saskia Esken noch die Finanzierungsprobleme von schulischer Ausstattung, sowie der Einsatz neuer Technologien und deren Möglichkeiten diskutiert.

Eröffnet wurde der Abend durch eine Rede von Prof. Dr. Herbert Zech, dem geschäftsführenden Direktor des Weizenbaum-Instituts. Das Weizenbaum-Institut ist eine Forschungseinrichtung, die sich selbst als „das Deutsche Internet-Institut“ bezeichnet und sich laut eigener Aussage mit den „Transformations- und Gestaltungsprozessen des digitalen Wandels“ befasst. Dabei verstehe man „die Selbstbestimmung als Gestaltungsprinzip, das für die Wahrung von Menschenwürde und Demokratie zentral ist“. Geforscht würde im Geiste des Informatikers Joseph Weizenbaum, der Namenspate des Projekts ist. Gegründet in 2017 durch das Bundesministerium für Forschung und Bildung, gehören dem Verbundsprojekt mehrere große Berliner Universitäten an. Zech freute sich über die „nette Atmosphäre“ und den freundlichen Empfang in der Schule. Außerdem begrüßte er im Namen des Weizenbaum-Instituts die Gäste und Zuschauer.

Anschließend sprach Matthias Graf von Kielmansegg, Abteilungsleiter im Bundesministerium für Bildung und Forschung. Als Referent von politischer Seite führte er aus, wie wichtig die Bildung in unserer Zeit sei und erläuterte die enge Verbindung zur Digitalisierung. Er bewarb auch den vielfach kritisierten Digitalpakt der Bundesregierung, der mit 5 Milliarden Euro das „größte Digitalisisierungsprojekt seit Gründung der Bundesrepublik“ sei. Er mahnte allerdings zur Geduld und erklärte, dass „das Schlimmste, was dem Schulsystem passieren kann, harte Brüche“ seien.

Frau Dr. Hellmuth am Rednerpult.

Danach übernahm die kommissarische Schulleiterin des John-Lennon-Gymnasiums, Frau Dr. Hellmuth, und stellte den Gästen die Schule vor. Sie erklärte das digitale Konzept der Schule, für welches das John-Lennon-Gymnasium bereits mit dem Titel „Smart-School“ ausgezeichnet wurde. Frau Dr. Hellmuth betonte, dass an der Schule die Schüler und Lehrer „zusammen und auf Augenhöhe“ arbeiteten würden. Es sei außerdem sehr wichtig, die Medien und Geräte zu beherrschen, anstatt sich von ihnen beherrschen zu lassen.

Ergebnisse aus der Forschung

Nach Frau Dr. Hellmuth kamen dann die Forscher des Weizenbaum-Instituts zu Wort. Frau Dr. Gergana Vladova sprach unter anderem über die Forschung am Lernverhalten von Eltern und Kindern. Die Forschung beschäftigte sich vor allem damit, wie man Kinder und Erwachsene zum Lernen motiviert. Laut der Forscherin bliebe die Lernfähigkeit im Erwachsenenalter durchaus bestehen, allerdings würden Erwachsene anders lernen, als Kinder.

Forscherin Cora Bergert während ihrer Präsentation.

Forscherin Cora Bergert beschäftigte sich vor allem mit der Nutzung des Smartphones im Kinder- und Erwachsenenalter. Die Forschung ergab unter anderem, dass Kinder stark durch den Umgang ihrer Eltern mit digitalen Geräten beeinflusst werden. Laut einer Umfrage steht das Smartphone bereits bei Kindern unter 12 Jahren auf Platz eins der Wunschliste, dicht gefolgt vom eigenen Computer oder Tablet. Eine andere Weizenbaum-Studie ergab, dass Eltern, die viel Zeit am Smartphone verbringen, angeben, eine stressigere Beziehung zu ihren Kindern haben. Dies sei dadurch geschuldet, dass Kinder im jungen Alter viel Aufmerksamkeit ihrer Eltern brauchen. Gilt die Aufmerksamkeit der Eltern allerdings größtenteils dem Smartphone, resultiere das laut Frau Begert in häufigeren Streitereien mit den Kindern.

Als dritter im Bunde sprach André Renz, der sich in seiner Forschung unter anderem mit dem Einfluss großer Tech-Konzerne auf das Bildungssystem beschäftigte. Laut Renz statten heute schon große Tech-Konzerne wie Apple oder Google ganze Schulen mit ihren Systemen und Geräten aus. Dies würde natürlich eine gewisse Abhängigkeit gegenüber den Firmen erzeugen. Renz verglich aber die großen „Tech Lords“ mit den Schulbuchverlagen und somit müsse man sich keine Sorgen machen, dass die großen Unternehmen den Markt vollständig übernehmen. Während seiner Rede erwähnte Renz auch eine ARD Studie, laut welcher Schulen sich selbst nur eine Note von durchschnittlich 3,8 für die Digitalisierung geben würden.

Podiumsdiskussion zum Abschluss

Von links: Doris Hellmuth, Saskia Esken, Tobias Hülswitt, Niels Pinkwart und Stephan Delkus während der Podiumsdiskussion.

Abschließend fand dann noch eine Podiumsdiskussion statt. Teil nahmen die Bundestagsabgeordnete Saskia Esken von der SPD, Frau Dr. Hellmuth, der Vertriebsleiter der Lernplattform „itslearning“ Stephan Delkus und der Principal Investigator am Weizenbaum-Institut Prof. Dr. Niels Pinkwart. In einer nur sehr kurzen Diskussion, da Frau Esken noch einen weiteren Termin hatte, wurden verschiedene Themen angeschnitten. Zu einer wirklichen Diskussion kam es aufgrund des Zeitmangels allerdings nicht.

Ein großes Thema war der Digitalpakt, der eine Co-Finanzierung von 10% durch die Kommune erfordert. Stehen also einer Schule 100 000€ vom Digitalpakt zu, werden diese erst ausgeschüttet, wenn die zuständige Kommune 10 000€ aufbringt. Verfügt die Kommune nicht über die entsprechende Summe, gibt es auch kein Geld aus dem Digitalpakt. Somit wird befürchtet, dass Schulen aus weniger reichen Kommunen kein Geld bekommen und nur Schulen aus bereits reichen Bezirken vom Digitalpakt profitieren könnten. Frau Dr. Hellmuth fragte deswegen Frau Esken anch einer Möglichkeit, dass eine andere Institution diese Co-Finanzierung übernehmen könnte. Frau Esken hatte darauf keine direkte Antwort, versicherte aber, diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen.

Ohne Frau Esken wurden dann noch der Einsatz und die Möglichkeiten der neuen Technologie in Schulen und für die Bidlung diskutiert. Hierzu brachte Stephan Delkus die Perspektive der Unternehmen ein, während Niels Pinkwart als Sachverständiger agierte und Frau Hellmuth die Sicht der Schule vertrat. Die Diskussion leitete der Moderator des Abends, Tobias Hülswitt. Hülswitt ist ein, aus Hannover stammender, Schriftsteller und freier Journalist.

Zum Abschluss des Abends gab es noch ein vegetarisches Snack-Buffet und die Möglichkeit für die Gäste, auch untereinander ins Gespräch zu kommen. Danach ging ein gelungener Abend zu Ende und die Aula wurde wieder umgeräumt.