Die Schüler*innen der Vielfalt-AG haben eine Schülerin aus einer 7. Klasse zum Thema ADHS interviewt. Menschen mit ADS müssen mit Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen leben. Das „H” steht für Hyperaktivität und bedeutet, dass manche Menschen auch einen besonderen Bewegungsdrang haben. Wie lässt es sich damit im Alltag und insbesondere im Schulalltag leben?
Dieses Interview spiegelt ein individuelles Erlebnis wider. Für fachliche Informationen schaut ihr z. B. auf adhs.info.
Hast du ADS oder ADHS?
Also, mir wurde gesagt, dass ich ADHS habe. Und ich glaube das auch, weil ich das einfach fühle. Bei Mädchen merkt man das oft nicht so schnell, weil es nicht so körperlich ist wie bei Jungs. Bei denen sieht man das mehr, die sind manchmal lauter oder zappeliger. Aber bei Mädchen passiert viel im Kopf, und das erkennt man bei den Tests nicht so gut.
Also würdest du auch sagen, die Tests sind eher auf Jungs ausgelegt?
Ja, total!
Wie hast du rausgefunden, dass du ADHS hast?
Mein Vater wurde mal diagnostiziert – mit ADS oder ADHS, ich weiß nicht mehr genau. Und dann wollten meine Eltern, dass mein Bruder und ich auch getestet werden. Haben wir dann auch gemacht – und wir haben beide ADHS. Danach hat sich auch meine Mutter testen lassen, und sie hat’s auch. Also sind wir sozusagen eine komplette ADHS-Familie!
Was war die Reaktion deines Umfelds darauf?
Es war eigentlich keine große Veränderung. Die kannten mich ja schon so, wie ich bin. Ich hab’s ihnen einfach gesagt: „Ja, ich hab halt ADHS.“ Und das war’s.
Was hättest du dir gewünscht von deinem Umfeld? Also hättest du irgendwelche Veränderungen gehabt?
Bei meinen Freunden hat sich nichts geändert, und das fand ich auch gut so. Aber in der Schule ist das anders. Mit ADHS bekommt man keinen Nachteilsausgleich, und das finde ich echt nicht cool. Man hat halt manchmal andere Bedürfnisse als andere: mehr Zeit, ein ruhigere Raum oder Noise-Cancelling-Kopfhörer wären hilfreich.
Wie würdest du ADS oder ADHS einer Person erklären, die kein ADS oder ADHS hat?
Also, da gibt’s ganz viele Sachen, wie ich das erklären würde. Stell dir vor, du hast eine Box voller zusammengeknüllter Zettel, und auf jedem Zettel steht ein Gedanke. Die Zettel sind ganz bunt und total durcheinander. Wenn mir dann jemand eine Aufgabe gibt und ich sie mir nicht aufschreibe, fühlt es sich so an, als würde einfach noch ein Zettel mit der Aufgabe reingeworfen. Und dann ist alles so durcheinander, dass ich den nie wieder finde.
Manchmal hab ich auch das Gefühl, dass ich fünfmal schneller denke als andere.

Auf welche Art unterscheidet sich dein Leben von vom Leben einer Person ohne ADHS oder ADHS?
Keine Ahnung. Aber ich glaube, bei mir ist es so, dass ich Aufgaben, die ich machen muss, super weit rausschiebe. Das haben bestimmt viele Jugendliche, aber bei mir ist das halt noch extremer.
Ich vergesse auch voll oft Dinge oder verliere Sachen, wenn ich sie nicht richtig im Blick habe. Und ich muss mir eigentlich fast alles aufschreiben, sonst merke ich es mir nicht. Also ja, die Zettelbox ist bei mir echt voll!
Machst du auch To-Do-Listen für den Alltag?
Das muss ich noch üben – das kann ich noch nicht so gut. Aber ich hatte jetzt das Ziel, mir ein kleines Notizbuch anzulegen, das ich selbst gestalte, damit ich alles besser in meinem Kopf halten kann.
Wurde oder wird dein ADHS behandelt? Und hilft dir das?
Also, ich nehme keine Medikamente, aber mein Vater und mein Bruder schon. Deshalb kann ich ein bisschen sehen, wie das bei ihnen wirkt.
Ich selbst würde ungern Medikamente nehmen. Mein ADHS ist nicht so extrem stark, deshalb finde ich, dass ich sie nicht unbedingt brauche. Aber ich glaube, für Leute, die sich wirklich ständig bewegen müssen und gar nicht stillsitzen können, hilft das bestimmt.
Medikamente haben halt manchmal auch Nachteile – zum Beispiel, dass man keinen Appetit mehr hat oder dass man sich nur noch auf eine Sache konzentrieren kann, aber dafür dann total krass. Das haben mir mein Bruder und mein Vater erzählt.
Inwiefern beeinflusst ADHS oder ADHS deinen Schulalltag?
In der Schule muss ich mich oft ein bisschen bewegen. Aber ich kenne Leute, bei denen es viel schlimmer ist. Sie müssen sich wirklich die ganze Zeit bewegen oder irgendwas machen, um sich überhaupt auf den Unterricht konzentrieren zu können. Bei mir ist das nicht so stark.
Wenn ich aber Hausaufgaben bekomme, muss ich mir echt angewöhnen, alles aufzuschreiben, sonst verliere ich einfach alles.

Gibt es etwas, dass dir helfen würde, dich in der Schule wohler zu fühlen?
Ja, wie gesagt, Noise-Cancelling-Kopfhörer wären super, und ein leiserer Raum. Und einen Nachteilsausgleich, um mehr Zeit bei den Tests zu bekommen.
Gibt es auch etwas, was deine Mitschülerinnen aktiv machen könnten, damit du dich ein bisschen wohler fühlst?
Naja, meine Klasse ist ziemlich laut, also würde ich sagen, sie könnten ein bisschen leiser sein. Aber sonst eigentlich nichts Besonderes.
Was denkst du über die Darstellung von ADHS in Social Media?
Meistens wird es so dargestellt, dass man ADS bekommt, wenn man viel TikTok oder YouTube Shorts guckt, weil man dann eine kurze Aufmerksamkeitsspanne hat. Aber das ist eigentlich was ganz anderes. ADHS ist meistens etwas Angeborenes, glaube ich, und man bekommt es nicht einfach nur, weil man zu viel TikTok guckt.
Außerdem wird ADHS in Social Media oft als Behinderung dargestellt, aber das finde ich nicht richtig. Es ist einfach eine andere Art zu denken als bei anderen Leuten. Es ist nur in unserer Gesellschaft eine Art Behinderung, weil so vieles einfach nicht für Menschen mit ADHS gemacht ist.
Welche Frage würdest du neurotypischen Menschen stellen?
Neurotypischen?
Das sind Leute, die kein ADHS haben, bzw. eine andere Gehirnstruktur als du jetzt zum Beispiel, die anders funktionieren und die so denken, wie es sozusagen der Norm entspricht.
Keine Ahnung. Ich habe, glaube ich, keine Fragen an sie, weil ich sie nicht verstehen würde. Also, wenn die mir das versuchen zu erklären, dann versteh ich das einfach nicht, weil ich nicht so bin wie sie. Deswegen würde ich eigentlich keine Fragen stellen.
Danke für deine Beantwortung der Fragen!

Titelbild: made with leonardo.ai (Prompt: „One brightly coloured pinball machine. The game represents a brain and the pinballs move around and inside this brain. The very high score of the last player is displayed. The pinball machine is in a classroom.“)